Das Element Wasser habe ich schon immer geliebt. In unseren Seen und Flüssen schwimmen zu dürfen, im Winter juchzend durch die Zuckerhänge zu schwingen, oder ab jedem Brunnen Wasser trinken zu können, das ist Luxus. Wasser ist präsent in meinem Alltag. Wasser ist Leben. Kein Wasser bedeutet Tod.

In einer Zeit, in der alles schnell gehen muss, die Menschen hungrig sind nach Unicorns1 und Erfolgsgeschichten von Unternehmungen, welche die Welt im Handumdrehen erobern, frage ich mich: Wann ist ein Unternehmen kein Start-up mehr? Ich denke, dass die Dimensionen Zeit oder Grösse nicht die richtigen Kriterien sein können, um ein Unternehmen als Start-up oder als ein reifes Unternehmen zu qualifizieren. Viel mehr ist es der Stand der Entwicklung im Unternehmen, der Unternehmensgeist und der Professionalisierungsgrad im Team und im System.

Seit 11 Jahren sind wir nun unterwegs. Es war ursprünglich die Geschäftsbeziehung zum Unternehmer George W. in Portland, Oregon (USA), die mich inspiriert hat selbst aktiv zu werden. Als Ingenieur hatte George diverse Patente entwickelt für mechanische und preiswerte Wasseraufbereitungsauflagen, welche er in die Entwicklungsländer bringen wollte. Es entstand die Idee, George dabei zu unterstützen, seine Technologie in Entwicklungsländer zu bringen. Während meiner Weiterbildung am IMD konnte ich ein paar ausgewiesene und erfahrene Manager gewinnen, diese Idee weiterzuverfolgen, unter anderem Daniel Rossier. Daniel ist immer noch bei dropforlife dabei heute. Aufgrund 9-11 in New York haben sich dann die Prioritäten von George geändert. Unsere Absicht diesen Produkten zur Geburt zu verhelfen zerschlug sich damit. Wir wollten nicht aufgeben und eine Möglichkeit finden, unser Wissen und unsere Erfahrung für Entwicklungsländer technologieunabhängig nützlich zu machen. Es dauerte bis 2007, als Daniel, Patrick Schnieper und ich im schönen Vals den Grundstein für die dropforlife Idee „Sauberes Wasser für alle“ gelegt haben. Es folgte die Vereinsgründung im 2008 und die Stiftungsgründung im 2010. Je mehr wir uns mit der Art und Weise beschäftigten, wie die traditionelle Entwicklungshilfe funktioniert, desto überzeugter wurden wir, dass es effektivere Lösungsansätze gibt. Fundraising mit Hochglanzprospekten, kostspieligen Spendenmarketing-Aktionen, fehlende Transparenz der Organisationen beim Geldflusses und deren Wirkung, all das war uns zuwider, und gab uns die Kraft weiterzumachen um zeigen zu können, dass privatwirtschaftliches Denken wirkungsvoller sein kann. Heute sind Begriffe wie „Social Entrepreneurship“ und „Impact Investing“ breiter bekannt und ein Zeichen, dass ein Umdenken stattfindet.

Es hat Zeit gebraucht um Projekte und Partner zu finden, welche unseren Unternehmergeist teilen. Viel ehrenamtliche Freiwilligenarbeit steckt im Aufbau von dropforlife. Mit den Erfahrungen in verschiedenen Projekten in Nepal und nun Madagaskar, sowie der finanziellen Unterstützung unserer Finanzpartner kommen wir nun in die Phase der Professionalisierung. Unser Ansatz der ehrenamtlichen Tätigkeit hat uns soweit gebracht, dass wir vier Projekte finanzieren konnten mit rund einer halben Million Schweizer Franken. Mit den heutigen Referenzen können wir gezielt neue Partnerschaften suchen mit Organisationen, welche Social Entrepreneurship mit Überzeugung leben und dabei erfolgreich sind. Wir können auf potentielle Finanzpartner zugehen, sie vertraut machen mit neuen Finanzierungsmodellen wie Blended Finance2, und dabei unternehmerisch-philanthropisch3 zu investieren anstatt einfach nur zu spenden.

Wir sehen uns als Teil der Zukunft und der Entstehung eines neuen Verständnisses, wie die industrialisierten Länder und die weniger entwickelten Welten auf dieser Erde auf eine gesunde und verantwortungsvolle Art besser zusammen leben können. Diese Entwicklung dauert, erfordert permanentes Lernen und Anpassen auf die unterschiedlichen Bedürfnisse und Verhältnisse. Darum sind wir stolz darauf, dass es uns immer noch gibt, dass wir durchgehalten haben und immer noch an unsere Idee „Sauberes Wasser für alle“ glauben.

Seitdem wir angefangen haben unsere ehrenamtlich investierte Arbeitszeit zu erfassen, haben wir im Durchschnitt knapp 60 Tage pro Jahr gearbeitet. Auf die Zeit seit der Gründung hochgerechnet, wären das rund 660 Tage, was drei Arbeitsjahren einer einzelnen Person oder einem Arbeitsjahr von drei Personen entsprechen würde. Also immer noch ein Start-up.

Nun steigen wir in die neue Lebensphase ein. Wir freuen uns darauf.

André Günter, Präsident und Gründer

Notes:

1 Ein Einhorn (englisch: Unicorn) bezeichnet ein Startup-Unternehmen mit einer Marktbewertung, vor einem Börsengang oder einem Exit, von über einer Milliarde US-Dollar. Der Begriff hat sich in den 2010er Jahren etabliert. Die seit 2010 konstant steigende Zahl der Startup-Unternehmen mit hoher Bewertung liegt unter anderem darin begründet, dass die Unternehmen deutlich später an die Börse gehen oder an andere Unternehmen verkauft werden. Lag der Durchschnitt zur Zeit des New-Economy-Booms für einen Börsengang noch bei vier Jahren, so ist er Ende 2016 auf 11 Jahre angestiegen. Die Unternehmen können sich über Venture Capital weiter ausreichend finanzieren.
Source: Wikipedia

2 Blended Finance wird definiert als „die strategische Nutzung von Entwicklungsfinanzierung und philanthropischen Fonds zur Mobilisierung privater Kapitalströme in Schwellen- und Grenzmärkte“, was zu positiven Ergebnissen für Investoren und Kommunen führt. Blended Finance bietet die Möglichkeit, die kommerzielle Finanzierung für Entwicklungsländer zu erhöhen und diese für Investitionen mit entwicklungspolitischer Wirkung zu nutzen. Das Konzept der Mischfinanzierung kann dazu beitragen, die benötigten privaten Mittel aufzubringen. Sie wurde erstmals als Lösung für die Finanzierungslücke im Ergebnisdokument der Dritten Internationalen Konferenz über Entwicklungsfinanzierung im Juli 2015 anerkannt.
Source: Wikipedia (aus dem Englischen übersetzt)

3 Venture-Philanthropie (VP), das Anwenden von Venture-Capital-Prinzipien im philanthropischen Bereich ist eine vergleichsweise junge Disziplin philanthropischen Gebens. Nach ersten erfolgreichen Einsätzen, wie beispielsweise durch New Profit oder Social Venture Partners in den USA in den 1990er Jahren, hat dieser Ansatz Anfang des 21. Jahrhunderts seinen Weg über Großbritannien nach Kontinentaleuropa gefunden.
Source: Wolfgang Hafenmayer, Buch „Vermögenskultur“

Unter Philanthropie versteht man ein menschenfreundliches Denken und Verhalten. Als Motiv wird manchmal eine die gesamte Menschheit umfassende Liebe genannt, die „allgemeine Menschenliebe“. Materiell äussert sich diese Einstellung in der Förderung Unterstützungsbedürftiger, die nicht zum Kreis der Verwandten und Freunde des Philanthropen zählen, oder von Einrichtungen, die dem Gemeinwohl dienen.
Source: Wikipedia